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Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ersetzt die freiheitlich- demokratische Grundordnung durch eine Rettungsordnung. Es führt eine präventive Pflicht zur Zwangsbewirtschaftung des Landes ein, die bis zur Erreichung der „Klima-Neutralität“ gelten soll.

Karlsruhe installiert eine präventive Notstandsverfassung

26.Mai 2021

Es vollzieht sich in diesem Jahr 2021 ein fundamentaler Wandel in Deutschland. Es ist nicht nur ein faktischer Wandel im wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, sondern auch ein normativer Wandel. Eckpfeiler unserer rechtsstaatlichen Ordnung werden verschoben. Die Rechte, auf die sich Bürger, Unternehmen, staatliche Instanzen und zivilgesellschaftliche Vereinigungen bisher bei ihrem Handeln berufen konnten, haben ihre Verlässlichkeit verloren. Sie definieren nicht mehr Freiräume, sondern werden auf einen ganz anderen, engeren Zweck zugeschnitten, der offiziell mit „Schutz“ bezeichnet wird. Aus Freiräumen werden Schutzräume. Aus der freiheitlich-demokratischen Grundordnung wird – vor dem dunklen Hintergrund eines behaupteten „Weltnotstandes – eine Rettungsordnung, die sich anschickt, den weiteren Gang dieses Jahrhunderts zu bestimmen. Doch diese große Transformation unserer normativen Ordnung wird nicht in einem einzigen großen und dadurch erkennbaren Akt vollzogen, sondern geschieht scheibchenweise in einzelnen Schutzgesetzen (Infektionsschutz, Klimaschutz, Immissionsschutz, …), die dann durch höchstrichterliche Urteile zu neuen Pfeilern unserer Verfassungsordnung deklariert werden. Auch wird so getan, als wäre das Grundgesetz der Bundesrepublik eigentlich schon immer vom Schutzprinzip geleitet worden. Und am Ende erkennen wir unser Land nicht wieder, weil es wesentliche Teile seiner Wirtschaft, seines Staatswesens und seiner Kultur verloren hat, und weil es auch seinen Rechtsanspruch auf ein aktives Dasein in öffentlicher und privater Freiheit weitgehend eingebüßt hat. Deutschland ist dann nur noch ein Land der Notwendigkeiten. Statt ein aktives Land zu sein, ist es nur noch ein reaktives Land. Die Offenheit seiner Zukunft ist verloren, und das tägliche Dasein ist nur noch von Schutzsuche und Rettungspflichten bestimmt.
Das war Erfahrung der Bürger mit dem Lockdown in der Corona-Krise. Sie mussten feststellen, wie schnell eine Teilaufgabe (der Infektionsschutz) das ganze Land in Beschlag nehmen kann. Und jetzt ist etwas noch viel Weitergehendes geschehen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in einem Grundsatzurteil das Klimaschutz-Gesetz der Großen Koalition nicht nur für rechtens erklärt, sondern hier eine umfassende Gesetzgebungs-Priorität angeordnet. Bundesregierung und Bundestag sind von nun an verpflichtet, den Weg Deutschlands auf ein vorrangiges Ziel hin festzulegen: auf die Erreichung der sogenannten „Klima-Neutralität“ bis 2050. Die Zahlen und Fristen für dies neue Deutschland hat das Karlsruher Urteil in den Rang von Verfassungsgeboten erhoben.

Ein bestimmtes Klima als Verfassungsziel

Eine entscheidende Passage des BVerfG-Urteils lautet: „Ein unbegrenztes Fortschreiten von Erderwärmung und Klimawandel stünde aber nicht im Einklang mit dem Grundgesetz. Dem steht neben den grundrechtlichen Schutzpflichten vor allem das Klimaschutzgebot des Art. 20a GG entgegen, welches die Gesetzgebung – verfassungsrechtlich maßgeblich – durch das Ziel konkretisiert hat, die Erwärmung der Erde auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.“
Hier wird ein bestimmtes, in Grad Celsius festgelegtes Ziel der Erdtemperatur, das bisher nur im Klimaschutzgesetz der Bundesregierung fixiert ist, in den Rang eines Verfassungsziels erhoben. Das Urteil des BVerfG definiert also nicht Rechte und damit Spielräume des Entscheidens und Handelns, sondern einen bestimmten Endzustand des Landes (als Teil der Erde). Es gibt Deutschland also ein faktisches Ziel vor. Dabei ist von anderen Realitäten und Rechten, die diesem Ziel entgegenstehen und die eine Abwägung und eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfordern, nicht die Rede. Es fehlt jedweder Hinweis auf die faktischen und normativen Grenzen des Klimaziels. Es gilt absolut. Das hat handfeste Konsequenzen für das ganze Land.

Ein anderes Deutschland

In der praktischen Anwendung ist das Ziel der Klima-Neutralität zunächst ein Negativ-Programm. Es läuft auf die Stilllegung bestimmter „klimaschädlicher“ Technologien (wegen ihrer CO2-Emissionen) hinaus. Und da dies Ziel unbedingte Priorität hat, spielt die Frage nach dem historischen Stand der Technik im fraglichen Zeitraum keine entscheidende Rolle. Das Stilllegungs-Gebot soll auch dann rechtens sein, wenn dafür wesentliche Bestände des Landes stillgelegt werden müssen, ohne dass gleichwertiger Ersatz in Reichweite ist. Die CO2-Reduzierung ist nach höchstrichterlichem Urteil offenbar so zwingend und dringend, dass Deutschland gegebenenfalls substanzielle Verluste bei der Produktivität seiner Betriebe und bei der Tragfähigkeit seiner Infrastrukturen hinnehmen muss. Diese Verluste werden auch nach Erreichung des Klima-Ziels weiterbestehen, solange es keine epochalen Technologieschübe gibt.
Und es gibt noch eine Konsequenz, die von den meisten Kommentatoren bisher übersehen wird: Unter diesen Voraussetzungen ist es ausgeschlossen, dass Deutschland seine rapide gewachsene Staatsschuld wieder reduziert. Die gesamte Staatstätigkeit und alle politischen Entscheidungen werden auch nach der Herstellung der „Klima-Neutralität“ im Schatten einer wachsenden Schuldenlast stehen. Damit ist das „Königsrecht“ der parlamentarischen Demokratie – die souveräne Entscheidung über den Staatshaushalt – zur Farce geworden. Klima-Neutralität bedeutet: Es regiert die Geldbeschaffung per Druckmaschine.

Wie Karlsruhe das Grundgesetz verändert

Die oben zitierte Passage aus dem BVerfG-Urteil ist es wert, genau gelesen zu werden. Dort steht, dass ein „unbegrenztes“ Fortschreiten der Erderwärmung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Aber bei der Prüfaufgabe der Verfassungsrichter steht ein solches unbegrenztes Fortschreiten der Erderwärmung gar nicht im Raum – eine gewisse Erderwärmung ist ja zu beobachten, doch wer hätte je bewiesen, dass die Erderwärmung „unbegrenzt“ ist. Auch die Karlsruher Richter liefern diesen Nachweis nicht. Ihre Formulierung ist Rhetorik, eine rhetorische Übertreibung. Eigentlich wäre es ihre Aufgabe zu prüfen, inwieweit das unbegrenzte Verfolgen eines bestimmten Temperaturziels mit unserer Verfassung vereinbar ist. Denn dies Verfolgen wird ja im Klimaschutzgesetz festgelegt, und das bedeutet eine Einschränkung von Aktivitäten und damit von Freiheitsrechten. Es wäre also eine Abwägung zwischen Schutzaufgabe und Freiheitsaufgabe vorzunehmen. Doch dieser Grundkonflikt wird in der oben zitierten Passage durch eine Wortverschiebung verdeckt. Es ist von den „grundrechtlichen Schutzpflichten“ und dem „Klimaschutzgebot des Art. 20a GG“ die Rede. Es wird so getan, als würden beide gleichermaßen in Richtung Klimaschutz weisen. Auf einmal werden hier also die Grundrechte unter „Schutzpflichten“ aufgeführt. Aber das sind die Grundrechte eben nicht, sondern sie sind Rechte für die Handlungsfreiheit von Bürgern, die aktiv in der Welt wirken und sie verändern. Sie sind etwas wesentlich anderes als Schutzrechte (für das Klima, für die Gesundheit). Deshalb gibt es oft Zielkonflikte und Abwägungsbedarf zwischen Schutz und Freiheit. Gerade erst ist beim Corona-Lockdown drastisch deutlich geworden, wie Schutzpflichten etwas einschränken und außer Kraft setzen, was Freiheitsrechte offenhalten. Auch in der Corona-Krise hat man versucht, diesen Gegensatz wegzureden und den Lockdown als „Freiheitsschutz“ zu verkaufen. Von Verfassungsrichtern müsste man eigentlich erwarten können, dass sie solche dialektischen Tricks nicht anwenden, sondern den Unterschied zwischen Freiheit und Schutz präzise darstellen und den Konflikt zwischen beiden offen erörtern. Dies geschieht nicht, und in der zitierten Passage gibt es noch mehr verbale Tricksereien. Da ist vom „Klimaschutzgebot des Art.20a GG“ die Rede, obwohl in diesem Grundgesetzartikel das Wort „Klima“ gar nicht vorkommt. Dort geht es generell um Umwelt- und Tierschutz. Es ist verheerend, wenn dies generelle Anliegen auf die Klimafrage geschrumpft wird. Mehr noch: In der oben zitierten Urteilspassage ist es eine bestimmte Temperaturhöhe, die für „verfassungsrechtlich maßgeblich“ erklärt wird.

Wie das Eigentumsrecht dem Klimaschutz unterworfen wird

Im Klimaurteil ist durchaus oft von Freiheit die Rede, und auch das Eigentumsrecht taucht auf. Aber lesen wir genau: „Auch das Grundrecht auf Eigentum in Art.14 Abs.1 GG umfasst eine staatliche Schutzpflicht. Da infolge des Klimawandels auch in Deutschland Eigentum, insbesondere landwirtschaftlich genutzte Flächen und Immobilien, auf unterschiedliche Weise Schaden nehmen können, schließt Art.14 eine Schutzpflicht des Staates hinsichtlich der Eigentumsgefahren des Klimawandels ein.“
Hier wird aus dem Grundrecht auf Eigentum im Handumdrehen ein Eingriffsrecht des Staates gezimmert – als „Schutzpflicht des Staates hinsichtlich der Eigentumsgefahren des Klimawandels“. Die Richter tun so, als hätten sie damit der Erörterung des Eigentumsrechtes in dieser Angelegenheit Genüge getan. Seht her, scheinen sie uns sagen zu wollen, wir schützen doch Eure Betriebe, Verkehrssysteme, Wohnhäuser – wenn wir ihre produktive Nutzung auch weitgehend einschränken oder verteuern. Denn darauf läuft die Schutzpflicht des Staates ja praktisch hinaus: Im Namen der CO2-Neutralität wird die bisherige Energiegrundlage aller Tätigkeiten des Landes angegriffen. Das gesamte Betriebs- und Anlagevermögen wird getroffen, entweder als Minderung seiner Produktivität und Wertschöpfung, oder als völlige Stilllegung. Es findet also eine wesentliche Einschränkung des Grundrechts auf Eigentum statt. Schutz des Eigentums? Das Eigentum wird sozusagen vor sich selbst geschützt – es wird in Schutzhaft genommen. Man muss dabei bedenken, dass es hier nicht nur um Privatunternehmen geht, sondern auch um das gemeinschaftliche Eigentum der Bürger an den staatlichen Infrastrukturen auf Bundes-, Landes- und Kommunal-Ebene. Und das Eigentum von Familien und zivilgesellschaftlichen Vereinen. Es geht um die gesamte Sachgrundlage für eine aktive Freiheit. Sie wird unter dem neuen Oberziel „CO2-Neutralität“ zur Disposition gestellt.

Das abenteuerliche Kalkül der Richter

Im Klimaschutz-Urteil des BVerfG sind Freiheitsrechte im originären Sinn gar nicht präsent. Es befasst sich nur mit einer Nebenfrage: mit der zeitlichen Verteilung von Klimaschutzmaßnahmen, die unter dem pompösen Titel „intertemporale Freiheitssicherung“ präsentiert wird. Praktisch läuft diese Sicherung darauf hinaus, dass jetzt zeitlich möglichst schnell die Einschnitte zur CO2-Senkung erfolgen müssen und nicht zeitlich verzögert werden dürfen. Das gilt unbedingt und als Verfassungsgebot. Und wieder lohnt sich ein Blick in den Urteilstext:
„Klimaschutzmaßnahmen, die gegenwärtig unterbleiben, um Freiheit aktuell zu verschonen, müssen in Zukunft unter möglicherweise noch ungünstigeren Bedingungen ergriffen werden und würden dann identische Freiheitsbedürfnisse und -rechte weit drastischer beschneiden.“
„Die Freiheitsbeschränkungen fallen darum milder aus, je mehr Zeit für eine solche Umstellung auf CO2-freie Alternativen bleibt, je früher diese initiiert wird und je weiter das allgemeine CO2-Emissionsniveau bereits gesenkt ist. Muss sich eine von CO2-intensiver Lebensweise geprägte Gesellschaft hingegen in kürzester Zeit auf klimaneutrales Verhalten umstellen, dürften die Freiheitsbeschränkungen enorm sein.“

Die Richter geben also zu, dass es um Freiheitsbeschränkungen geht, und dass diese unter Umständen auch „enorm“ ausfallen können. Und es wird unterschieden zwischen „CO2-freien Alternativen“, deren Entwicklung irgendwie „mehr Zeit“ braucht, und Maßnahmen zur CO2-Senkung, die offenbar schneller gelingen. Eingriffe zum Senken der CO2-Emission sollen also stattfinden, bevor die CO2-freien Alternativen da sind. Das ist ein merkwürdiges Kalkül, und erst nach mehrmaligem Lesen realisiert man, wie spekulativ, abenteuerlich und verheerend die „intertemporale Freiheitssicherung“ ist, die mit diesem Urteil in die Welt gesetzt wird. Denn hier wird sehenden Auges eine technische, wirtschaftliche und finanzielle Lücke angesteuert.
Eigentlich wäre es logisch, erst dann eine funktionierende Energieversorgung zurückzufahren oder ganz stillzulegen, wenn man einen gleichwertigen Ersatz hat. Wenn der Ersatz sich aber erst noch „entwickeln“ muss, sind die Freiheitsbeschränken tatsächlich „enorm“ – und sie sind es durch das bedingungslose, blinde Vorziehen der CO2-Schutzmaßnahmen. Die Verteuerungen, Versorgungsengpässe, Strom-Blackouts und Verkehrskrisen sind ja schon in Sichtweite. Wenn das Programm zur Abschaltung von Kernkraftwerken, Kohlkraftwerken und das Aus für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren noch stärker mit einem „möglichst früh“ versehen wird, steht die Gefahr einer Jahrhundertlücke in der Energiegrundlage Deutschlands wirklich im Raum. Dies tatsächliche „intertemporale“ Problem schreit geradezu nach einer Antwort. Doch die Richter scheinen in dieser Richtung überhaupt keine Prüfung des Klimaschutz-Gesetzes vorgenommen zu haben.

Und die „Klimakrise“ wird immer schillernder…

Nun könnte man einwenden, dass der Klimawandel in ein ultimatives Krisenstadium eingetreten sei, sodass man halt einfach auf den roten Knopf drücken müsse. Auf Alternativen könne man da nicht warten. Doch die Verfassungsrichter trauen sich offenbar nicht, ihrem Urteil ein solches ultimatives Szenario zugrunde zu legen. Denn das würde sie unter einen Beweis-Zwang stellen, den sie schwerlich erfüllen können. Sie machen es wie viele Stimmen in dieser Zeit: Sie lassen die „Klimakrise“ lieber vieldeutig schillern. Im Urteils-Text finden sich Formulierungen, die beträchtliche klimatische Ungewissheiten verraten. Doch im gleichen Atemzug wird am Vorziehen der CO2-Schutzmaßnahmen festgehalten. Die folgenden Passagen verdeutlichen das:
„Die Möglichkeiten, von grundrechtlich geschützter Freiheit in einer Weise Gebrauch zu machen, die direkt oder indirekt mit CO2-Emissionen verbunden ist, stoßen an verfassungsrechtliche Grenzen, weil CO2-Emissionen nach derzeitigem Stand im Wesentlichen unumkehrbar zur Erwärmung der Erde beitragen, der Gesetzgeber einen ad infinitum fortschreitenden Klimawandel aber von Verfassung wegen nicht tatenlos hinnehmen darf.“ Hier taucht auf einmal ein „nach derzeitigem Stand“ auf. Das relativiert alle Aussagen. Dann wird – im gleichen Satz – von einem „ad infinitum“ fortschreitender Klimawandel gesprochen. Aber ist damit die 2 Grad Celsius Marke zum definitiven Kipppunkt des Weltklimas erklärt? Auf eine solche Aussage möchten sich die Richter wohl doch nicht festlegen. Es folgt die Aussage, dass der Gesetzgeber diesen Klimawandel „nicht tatenlos hinnehmen“ darf. Aber welche politische Kraft in Deutschland vertritt eigentlich „tatenloses Hinnehmen“? Für begrenzte und konstruktive Antworten, die das Land robust gegen Klimafolgen machen, ist eigentlich jeder. Aber nicht für einen energiepolitischen Lockdown mit einem vorzeitigen Technologie-Ausstieg. Was die Textpassage zu begründen vorgibt, begründet sie nicht.

Die CO2-Erpressung

Eine zweite Passage spricht von der „vielfältigen Unsicherheit“ über künftig verfügbare Spielräume, um dann aber eine präventive Begrenzung als Verfassungsgebot anzumahnen: „Lässt sich angesichts der vielfältigen Ungewissheit, wie groß das CO2-Budget künftig tatsächlich sein wird, nicht mit Sicherheit feststellen oder ausschließen, dass es zu solchen aus heutiger Sicht unzumutbaren Freiheitseinbußen kommen muss, können heute aber doch Maßnahmen geboten sein, die ein solches Risiko wenigstens begrenzen“.
Dies präventive Begrenzen soll praktisch in allen Lebensbereichen stattfinden: „Praktisch verlangt die Schonung künftiger Freiheit hier den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten. In allen Lebensbereichen – etwa Produktion, Dienstleistung, Infrastruktur, Verwaltung, Kultur und Konsum, letztlich bezüglich aller heute noch CO2-relevanten Vorgänge – müssen Entwicklungen einsetzen, die ermöglichen, dass von grundrechtlicher Freiheit auch später noch, dann auf der Grundlage CO2-freier Verhaltensalternativen, gehaltvoll Gebrauch gemacht werden kann.“
Das ist ebenso vage wie breit. Doch auf dieser Basis wird nun eine „Unerlässlichkeit“ verkündet: „Verfassungsrechtlich unerlässlich ist aber zum einen, dass weitere Reduktionsmaßgaben rechtzeitig über das Jahr 2030 hinaus und zugleich hinreichend weit in die Zukunft hinein festgelegt werden. Nur so kann ein Planungshorizont entstehen, vor dem Anreiz und Druck erwachsen, die erforderlichen, teils langwierigen Entwicklungen in großer Breite in Gang zu setzen.“
Ein Planungshorizont, vor dem „Anreiz und Druck“ erwachsen, um die „erforderlichen, teil langwierige Entwicklungen“ in Gang zu setzen. Das ist im Ergebnis völlig schwammig, aber in einer Hinsicht völlig rigide: Die Richter verlangen, dass schon jetzt „Reduktionsmaßgaben“ für die CO2-Emissionen über das Jahr 2030 hinaus festgelegt werden – als könnten diese Maßgaben unabhängig von wirtschaftlichen, technischen und klimatischen Entwicklungen konstant bleiben. Diese absurde Festlegung ist das Kernstück des BVerfG-Urteils. Die CO2-Reduktion soll im Voraus als eine große Klimaschutz-Schraube über dem Land festgezogen werden. Und da steht das Wort „Druck“. Man will also eine große Veränderung antreiben, indem man, durch eine möglichst schnelle CO2-Reduktion, die Gesellschaft in eine Zwangslage versetzt. Für die nächsten Jahrzehnte. In allen Lebensbereichen.

(Das BVerfG-Urteil zum Klimaschutzgesetz haben acht Richter unter dem Vorsitz von Stephan Harbarth am 24. März 2021 einstimmig beschlossen. Es umfasst 110 Seiten. Die zitierten Passagen sind aus dem Wissenschaftsteil der FAZ vom 5. Mai 2021 entnommen)

(Erschienen in meiner Kolumne bei „Tichys Einblick online“ am 28.Mai 2021)